Die Herausforderungen, die wir Menschen im Zeitalter der Digitalisierung zu bewältigen haben, sind vielfältig – und vielen Menschen machen diese Herausforderungen Angst. Veränderungen stehen auf der Tagesordnung, aber Veränderungen sind in den meisten Fällen mit Unsicherheit verbunden. Das Gefühl, vielleicht keinen direkten Einfluss mehr auf die eigene Lebensplanung zu haben, weil sich der Arbeitsplatz verändert oder der Standort des Arbeitsplatzes, führt deshalb bei vielen Menschen zu Stress. Hinzu kommen dann noch Faktoren wie die Überidentifizierung mit Zielen, Leistung und Erfolg und die Angst, bei Arbeitsplatzverlust nicht mehr gesellschaftlich anerkannt zu sein. Auch die ständige Reiz- und Informationsüberflutung sowie das Leben im „Standby-Modus“ belastet die heutige Bevölkerung. Bereits seit Jahren berichten die Medien, dass die Burnout-Rate stetig steigt.
Doch wie kann man diesem Teufelskreis entkommen und wer ist für die Gesundheit des Menschen bzw. der Arbeitnehmer verantwortlich?
In erster Linie ist jeder Mensch für sich selbst verantwortlich. Nur wir selbst können eine Kurskorrektur im Leben vornehmen, wenn wir merken, dass die Bedingungen nicht mehr mit unseren Werten übereinstimmen. Was passiert aber, wenn Existenzangst die innere Haltung beherrscht? Dann sind Menschen bereit Bedingungen zu akzeptieren, die zum Teil würdelos sind, nur um ihren Arbeitsplatz zu erhalten.
Ich möchte Ihnen dazu gerne die Geschichte einer guten Freundin erzählen, deren Arbeitgeber sich in den letzten 12 Jahren im Veränderungsprozess befindet. Wenn ich an die vielen Gespräche mit ihr zurückdenke, dann fallen mir Kündigungswellen, Abteilungsumstrukturierungen, Zusammenlegung zweier Arbeitsplätze auf einen, Übernahme von Aufgaben für Kollegen, die mit Anschwärzung beim Chef drohen, etc. ein. Dazu kommt dann noch die Angst, dass im Alter von 50 Jahren Bewerbungen bei anderen Unternehmen keine Beachtung mehr finden könnten.
Wenn ich dieses Beispiel auf den Punkt bringen darf: Es ist ein täglicher Kampf in einem 12-Stunden-Job zu unwürdigsten Bedingungen mit Menschen als Kollegen und Vorgesetzte, denen man nicht vertrauen kann – aber in der Hoffnung durchzuhalten und so lange es geht finanziell abgesichert zu sein. So oder so ähnlich geht es vielen Menschen. Fehler können sie sich eigentlich nicht erlauben, denn diese würden das sofortige Aus bedeuten.
Die persönliche Life-Balance ist in solch einer Situation in absoluter Schräglage. Dass dieses Verhalten über Jahre hinweg an die Substanz geht und gesundheitliche Folgen hinterlässt, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Ich wünsche wirklich allen Menschen, die sich in einer solchen Lage befinden, dass sie den Mut finden, offen zu sein für andere Lösungen. Es gibt immer mehr als einen Weg. Aber Betroffene, die so gefangen in ihrer Rolle sind, sehen die Möglichkeiten meistens nicht. Hier kann professionelle Hilfe zu mehr Klarheit verhelfen. Wer sich dann für das Bleiben entscheidet, tut es im Zustand voller Bewusstheit.
Unternehmen müssen sich in der Verantwortung sehen, eine wertschätzende Unternehmenskultur aufzubauen. Anerkennung und Wertschätzung für die Leistung, die man für das Unternehmen erbringt, ist für jeden Menschen von immenser Bedeutung. Bedeutsamer noch als die finanzielle Anerkennung. Doch viele Unternehmen und Führungskräfte handeln nach dem schwäbischen Prinzip „Nicht geschimpft ist genug gelobt!“. Mitarbeitergespräche finden oftmals nur statt, wenn das Arbeitsergebnis nicht zufriedenstellend ist. Dabei kann eine kurze positive Rückmeldung zum letzten Projekt beispielsweise einen richtigen Motivationsschub beim Mitarbeiter auslösen, der wiederum dem Unternehmen zugute kommt. Eine wertschätzende und von Vertrauen geprägte Zusammenarbeit macht Mitarbeiter zufriedener und dadurch produktiver. Viele Unternehmen haben sich bereits auf den Weg gemacht an dieser Unternehmenskultur zu arbeiten, wie die vielen Veranstaltungen zu diesem Thema rund um Mainz in den letzten Jahren zeigen. Auch haben es sich viele Betriebe bereits zur Aufgabe gemacht, sich um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu kümmern. Das betriebliche Gesundheitsmanagement ist nicht mehr wegzudenken und beherrscht den Zeitgeist. Groß ist das Angebot: Von Sonderkonditionen mit Fitness-Centern oder autogenes Training, progressive Muskelentspannung bis hin zu Gesundheitstrainings. So erhalten die Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein für sie zugeschnittenes Programm auszuwählen und aktiv an der eigenen Gesundheit zu arbeiten.
Fazit: Ein aufeinander Zugehen von Unternehmen, Führungskraft und Mitarbeiter ist von großer Bedeutung. In meinen Augen sind alle gleich verantwortlich für Gesundheit und Erfolg. In einem von Wertschätzung geprägten Unternehmen, das von beiderseitigem Vertrauen geprägt ist, können sich Menschen auf Augenhöhe begegnen, entwickeln und einer sinnstiftenden, erfüllenden Arbeit nachgehen. Zufriedene Menschen sind belastbarer und stehen auch stressige Zeiten problemlos durch. Zudem sind sie produktiver und tragen wesentlich zum Erfolg eines Unternehmens bei. All diesen Unternehmen, die sich bereits auf diesem Weg befinden möchte ich Mut machen, diesen Weg weiter zu verfolgen. Die Mitarbeiter sind und bleiben das wichtigste Gut im Unternehmen, denn ohne Menschen gibt es keine Innovation und keinen Fortschritt.
Der Leitung des Unternehmens, in dem meine Freundin arbeitet, wünsche ich die Erkenntnis, dass die Art und Weise Mitarbeiter gegeneinander auszuspielen, damit sie leistungswillig bleiben und sich anstrengen, ein Unternehmen nur für kurze Zeit erfolgreich macht. Gerade wenn sie jüngere Mitarbeiter einstellen möchten, die der Generation Y angehören, ist ein Umdenken ein absolutes Muss.